Anna
- MSc Erneuerbare Energien
- Linköping, Schweden
- Auslandssemester
- Linköping University
- Sommersemester 2024/2025

Wie haben Sie sich auf Ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet? Welche praktischen Vorkehrungen haben Sie vor dem Austausch getroffen?
Erste Informationen für meinen Auslandsaufenthalt habe ich sowohl auf der FH Technikum Wien Website als auch von der Website der Gastuniversität erhalten. Vor dem Auslandsaufenthalt habe ich mich über meinen Versicherungsschutz im Ausland informiert und entsprechend adaptiert. Zukünftigen Outgoing-Studierenden empfehle ich, sich schon sehr frühzeitig bei diversen Unterkunftsvermietern (Studentbostader und Heimstaden) anzumelden. Ab dem Tag der Anmeldung erhält man jeden Tag einen Punkt und mit jedem Punkt steigt am Ende die Wahrscheinlichkeit möglichst früh eine Zusage für ein Zimmer zu bekommen. Einige Studierende haben erst zwei Wochen vor der Anreise die Zusage für ein Zimmer bekommen und/oder sehr vereinzelt (!) die ersten Tage/Wochen in alternativen Unterkünften verbringen müssen. Generell habe ich den Eindruck gehabt, dass es im Sommersemester einfacher ist ein Zimmer zu bekommen, als es vielleicht im Wintersemester der Fall gewesen wäre.
Wie wurden Sie von der Gastinstitution begrüßt?
Von der Gastuniversität wurde ein Shuttle vom Bahnhof und vom Flughafen zum Universitätscampus organisiert. Bei der Ankunft und Anmeldung haben alle Studierenden einen kleinen Goodie-Bag mit wichtigen Infos für die ersten Tage erhalten. Außerdem gab es einige Willkommensveranstaltung von der Universität bei der alle wichtigen Punkte noch einmal erwähnt wurden und auch auf kulturelle Unterschiede hingewiesen wurde. Dabei wurde auch die schwedische Kultur kurz vorgestellt und allgemein anerkannte Verhaltensweisen und soziale Erwartungen vorgestellt. Anschließend gab es die Möglichkeit verschiedene Institutionen, Societies und vor allem andere internationale Studierende bei Kaffee und Kuchen kennenzulernen. Zusätzlich hat jede Fakultät noch eine eigene Einführungsveranstaltung gehabt. Das Erasmus Student Network (ESN) und die International Students Association (ISA) haben über das ganze Semester hinweg Events veranstaltet, bei denen man andere Internationals kennenlernen konnte.
Wie war das Studium an der Gasthochschule?
Die Lehrveranstaltungen an der Gasthochschule waren in Vorlesungen, Seminare, Übungen und Laboreinheiten eingeteilt. In den Seminaren wurde die Theorie aus den Vorlesungen in gegebenen Aufgabenstellungen in Kleingruppen diskutiert und anschließend präsentiert, was oft spannende Betrachtungen und Diskussionen an den Tag gebracht hat. In Schweden wird sehr viel Wert auf Teamarbeit gelegt, weshalb zusätzlich in einigen Lehrveranstaltungen Projektarbeiten zu machen waren. Durch die praktische Anwendung konnte das Erlernte weiter gefestigt und ein besseres Verständnis aufgebaut werden. In jedem Gebäude am Campus hat es sogenannte Mini-Küchen gegeben, in denen zum Teil bis zu 40 Mikrowellenherde standen. Die meisten Studierenden haben so das Essen, das sie in IKEA-Boxen mitgebracht haben, aufgewärmt. Für den Fall, dass die Zeit am Vortag zum Vorkochen nicht gereicht hat, gab es eine Mensa.
Wie würden Sie das Land, die Kultur und die Freizeitaktivitäten beschreiben, die Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes erlebt haben?
Schweden ist ein vielfältiges Land, in dem viele Kulturen zusammenleben. Die Gesellschaft wirkt offen und tolerant, dennoch sind Schwedinnen und Schweden eher zurückhaltend und leben meist im vertrauten Umfeld. In der Öffentlichkeit, besonders in Verkehrsmitteln, geht es ruhig zu – jede*r achtet auf sich. Trotz der Zurückhaltung sind die Menschen sehr freundlich und hilfsbereit, wenn man sie anspricht.
Landschaftlich beeindruckt Schweden mit abwechslungsreicher Natur: endlose Wälder, klare Seen und Felsen laden zu Aktivitäten wie Wandern oder Kajakfahren ein – im Sommer wie im Winter.
Linköping ist bekannt für sein aktives Studentenleben. Auf dem Campus ist immer etwas los – sei es Werbung für Partys mit lauter Musik am Morgen, gemeinsames Mittagessen im Studenthuset oder abendliche Events mit Live-Musik. Die bunten Overalls („Ovves“) der Studierenden sind ein besonderes Highlight: je nach Studienrichtung in verschiedenen Farben, verziert mit Patches von Partys und Erlebnissen.
Über die Zimmer-/Wohnungssuche und Unterkunft
Wie bereits erwähnt, sollte man sich möglichst früh um ein Zimmer kümmern. Zwar werden von der Universität auch für Austauschstudierende Zimmer zur Verfügung gestellt, jedoch habe ich in der 1. Runde keine Zusage bekommen. Im Vergleich zu anderen waren auch meine gesammelten Punkte bei Heimstanden und Studentbostader wenig (einige hatten über 5000 Punkte!!) Deshalb habe ich mich auf Blocked Bostad um eine Unterkunft umgeschaut und letztendlich auch eine bekommen. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass viele auch mit wenigen Punkten noch eine Unterkunft bekommen haben. Ich kann mir aber vorstellen, dass es im Wintersemester schwieriger ist ein Zimmer zu bekommen, da auch viele neue schwedische Studierende nach Linköping ziehen.
Ich habe in einem Haus mit einer älteren Dame gelebt, die Zimmer auch an andere Studentinnen vermietet hat. Ich habe mein eigenes Zimmer mit Bett, Schreibtisch und Schrank gehabt. Das Bad und die Küche waren gemeinschaftlich genutzt.
Welche finanziellen Vorkehrungen haben Sie getroffen? Wie hoch waren die Lebenserhaltungskosten im Schnitt?
Für die Unterkunft habe ich monatlich 5500 SEK (ca. 500 €) ausgegeben und für Lebensmittel und Verpflegung in etwa 300 €. Die Ausgaben für Freizeitaktivitäten hat sehr stark geschwankt, da ich gerade zu Beginn sehr viel für die Uni zu tun hatte und weniger Zeit für Unternehmungen hatte. Im Frühjahr habe ich nur mehr einen Kurs belegt und hatte dementsprechend viel Zeit für Ausflüge und Aktivitäten, was sich auch auf meinem Bankkonto bemerkbar gemacht hat.
Haben Sie Tipps was noch zu beachten ist?
Gerade im Winter sollte man die Dunkelheit nicht unterschätzen. Wenn man morgens im Dunklen zur Uni fährt und am Nachmittag im Dunklen wieder nach Hause kommt, kann sich das aufs Gemüt auswirken. Im Wintersemester, wenn die Tage kürzer und dunkler werden, stelle ich mir das eher deprimierend vor. Meine persönliche Empfehlung ist, sich ein Fahrrad zuzulegen. Eigentlich sitzt ganz Linköping auf dem Rad und es ist das Verkehrsmittel mit dem man eigentlich am schnellsten überall ist – und man kann damit schöne Radtouren zu den umliegenden Seen und Naturreservaten machen. 🙂 Grundsätzlich würde ich jedem empfehlen sich vor dem Auslandsaufenthalt über das Land, die Kultur und soziale Normen im Land der Gastinstitution zu informieren. Auf der Hand liegt auch sich durch die Website der Gastuniversität zu wälzen. 🙂
Welche neuen Fähigkeiten und Qualitäten haben Sie erworben?
Durch meinen Auslandsaufenthalt habe ich meine Englisch-Kenntnisse verbessert und meine interkulturellen Kompetenzen erweitert. Während des Aufenthalts habe ich Menschen aus vielen verschiedenen Kulturen kennengelernt. Dadurch habe ich unterschiedliche Kulturen besser kennen und verstehen gelernt. Ich bin dadurch noch offener und neugieriger gegenüber anderen Kulturen geworden und habe mir ein globaleres Denken angeeignet. Ich glaube, dass ich durch mein Auslandssemester auch anpassungsfähiger und verantwortungsbewusster geworden bin. Durch den Fokus auf Gruppenarbeiten habe ich auch gelernt, mit Meinungsverschiedenheiten besser umzugehen und im Team nach Lösungen zu suchen. Meine fachlichen Kompetenzen konnte ich festigen und weiter ausbauen. Besonders der Kurs Leadership and Organizational Change hat meinen Auslandsaufenthalt bereichert, die Lehrinhalte mir geholfen haben, meine interkulturellen Erfahrungen besser einzuordnen.
Wie haben sich Ihre Werte und Einstellungen während Ihres Auslandsaufenthaltes verändert?
Ich habe festgestellt, dass sich mein Interesse gegenüber fremden Kulturen und Traditionen weiter gewachsen ist. Außerdem habe ich gelernt, gewisse Dinge mehr zu schätzen (z.B. Sauberkeit, die ich von zuhause als selbstverständlich/normal angesehen habe). Schwedens Gesellschaft orientiert sich am Konzept der Gleichheit und am Individualismus, wodurch Wettbewerb untereinander in den Hintergrund rückt. Das hat im Universitätsleben die Auswirkung, dass der Leistungsdruck geringer ist – zumindest in meinem Empfinden. Das ist ein Konzept, an dem ich mich in Zukunft gerne mehr orientieren würde.
Was war im Rückblick die größte Herausforderung bei der Vorbereitung auf oder während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Zu Beginn meines Auslandsaufenthaltes war mein Semester zuhause noch nicht ganz abgeschlossen, was in Kombination mit dem hohen Arbeitspensum and der Gastuniversität herausfordernd war. Im Allgemeinen ist das Arbeitspensum an der Gastuniversität aber nicht übermäßig hoch – das hohe Arbeitspensum zu Beginn war meiner Kurswahl geschuldet (4 Kurse in VT1 und nur 1 Kurs in VT2 empfohlen wird eine 3/2 oder 2/3 Aufteilung). Außerdem hat mich die Zimmersuche am Anfang sehr gestresst. Im Nachhinein betrachtet wäre das nicht wirklich notwendig gewesen.
Was war Ihre positivste Erfahrung während Ihres Auslandsaufenthaltes?
Meine positivste Erfahrung waren eindeutig die Menschen, die ich kennengelernt habe. Obwohl wir alle sehr unterschiedlich waren und zum Teil an unterschiedlichen Punkten in unseren Leben standen, hat uns unser Aufenthalt enorm zusammengeschweißt. Wir haben gemeinsam gelebt, gelacht und beim Abschied geweint – wohlwissend, dass es sehr bald ein Wiedersehen geben wird.


