KI-gestützte Analyse des Wiener Unternehmens Nejo zeigt überraschende Prioritäten österreichischer Arbeitgeber

17. September 2025
Studie gibt Einblicke in die gefragtesten Fähigkeiten am Arbeitsmarkt. Das Wiener Unternehmen Nejo untersuchte gemeinsam mit der FH Technikum Wien über 21.000 aktuelle Stellenanzeigen österreichischer Unternehmen.
Während Unternehmen über Fachkräftemangel klagen, haben bestens ausgebildete junge Absolvent*innen zunehmend Schwierigkeiten, den Berufseinstieg zu finden. Ende Jänner 2025 waren knapp 32.000 Personen mit akademischem Abschluss in Österreich arbeitslos – ein Anstieg um 18% gegenüber dem Vorjahresmonat. Zum Vergleich: Die Gesamtarbeitslosenquote stieg im gleichen Zeitraum um 6,4%.
Diese Diskrepanz wirft Fragen auf: Macht sich der technologische Wandel bereits auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar? Übernimmt Künstliche Intelligenz zunehmend Routineaufgaben, die bisher Berufseinsteiger*innen vorbehalten waren? Und wenn ja: Welche Skills sind dann noch gefragt? Die Daten zur Beantwortung dieser Fragen soll eine Studie von Nejo in Kooperation mit der Fachhochschule Technikum Wien nun liefern.
Die 10 gefragtesten Fähigkeiten
Kundenorientierung führt das Ranking der meistgeforderten Kompetenzen am Arbeitsmarkt an – etwa jede sechste Stellenanzeige fordert diese Eigenschaft, gefolgt von selbstständigem Arbeiten, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit. Das Bild ist aufschlussreich: Gefragt sind Menschen, die eigenverantwortlich arbeiten können, aber trotzdem starke Teamplayer sind.
Lernbereitschaft komplettiert die Top 5 – ein Zeichen dafür, dass sich Arbeitgeber flexible Mitarbeiter*innen wünschen, die sich an neue Anforderungen anpassen können.
Microsoft Office ist der einzige Hard Skill, der es in die Top 10 schafft – etwa jede 13. Stellenanzeige fordert diese Fertigkeit. Die weiteren Plätze belegen Bereitschaft zum Schichtdienst, Stressresistenz, Verantwortungsübernahme und Engagement – alles Eigenschaften, die auf einen Arbeitsmarkt hindeuten, der hohe Anforderungen an Flexibilität und Durchhaltevermögen stellt.
Hard Skills als Türöffner
„Soft-Skills machen fast die Hälfte aller analysierten Jobanforderungen aus“, erklärt Aloisious Caraet, Data Scientist bei Nejo. „Im Durchschnitt fordern Stellenanzeigen 4,6 persönliche Kompetenzen, aber nur 1,2 fachliche“. Dennoch fungieren Hard Skills oft als erster Filter im Bewerbungsprozess: Sie entscheiden, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. „Im Gespräch selbst werden dann allerdings oft die Soft Skills zum entscheidenden Kriterium“, so Caraet.
Bei den gefragtesten fachlichen Kompetenzen dominiert Microsoft Office mit großem Abstand, gefolgt von allgemeinen EDV-Kenntnissen (etwa jede 41. Stellenanzeige) und Tabellenkalkulationsprogrammen (etwa jede 98. Stellenanzeige).
Bemerkenswert: Mit Java schafft es eine Programmiersprache auf Platz 4 der gefragtesten Hard Skills – etwa jede 172. Stellenanzeige fordert diese Kompetenz. Das zeigt, dass Programmierkenntnisse längst nicht mehr nur in der IT-Branche gefragt sind.
Python auf Platz 8 der gefragtesten fachlichen Kompetenzen unterstreicht einen weiteren wichtigen Trend: Die Programmiersprache gilt als Tor zur KI-Welt, und damit wohl zum Arbeitsmarkt der Zukunft.
Von der Fabrik bis zur Bank: Programmierung erobert alle Branchen
Programmiersprachen erobern Branchen, die lange als technikfern galten. Selbst im Baugewerbe, der Energieversorgung und Finanzbranche sind Coding-Skills bereits unter den Top 15 der gefragtesten fachlichen Kompetenzen. In Deutschland haben Programmiersprachen in diesen Branchen sogar schon die Top 5 erobert – ein Indiz dafür, dass die Digitalisierung dort schneller voranschreitet.
„Programmieren hält in alle Branchen Einzug. Es geht längst nicht mehr darum, Vollzeit-Entwickler*in zu werden“, sagt Günter Essl, Berufsfeldforscher an der FH Technikum Wien. „Entscheidend ist, Routinen zu automatisieren und Daten souverän zu verstehen. Mit KI gewinnt das weiter an Bedeutung: Wer ChatGPT & Co. wirklich produktiv einsetzen will, profitiert von soliden Programmiergrundlagen – um eigene Lösungen zu bauen und Tools intelligent zu verbinden.“
Kärnten fordert, Vorarlberg gibt sich entspannt
Bemerkenswert sind regionale Unterschiede im Anforderungsprofil von Stellenanzeigen: In Kärnten fordert etwa jede neunte Stellenanzeige explizit Stressresistenz – in Vorarlberg ist es nur jede 45. Auch bei Lernbereitschaft führt Kärnten mit etwa jeder sechsten Stellenanzeige, während Wien mit jeder 15. Stellenanzeige am unteren Ende des Spektrums liegt. Niederösterreich erreicht bei Kundenorientierung den Spitzenwert – etwa jede fünfte Stellenanzeige fordert diese Kompetenz. Oberösterreich legt besonders Wert auf selbstständiges Arbeiten.
Wien zeigt sich erwartungsgemäß als digitaler Hotspot: Etwa jede achte Stellenanzeige fordert Microsoft Office Skills, österreichweit ist es nur jede 13.
KI-Revolution noch schwer messbar, aber im Anmarsch
Obwohl Tools wie ChatGPT den Arbeitsalltag bereits verändern, erwähnen weniger als 1% der Stellenanzeigen explizite Kompetenzen rund um Künstliche Intelligenz, zum Beispiel den Einsatz von maschinellem Lernen oder die Anwendung von Grundlagen der Künstlichen Intelligenz.
Die bisher geringe Verbreitung liegt allerdings wohl auch an der im Rahmen der Studie eingesetzten Skill-Taxonomie „ESCO“, die von der Europäischen Union herausgegeben und gewartet wird. „Fähigkeiten wie der Umgang mit ChatGPT oder anderen generativen AI-Tools sind in dieser Taxonomie noch nicht abgebildet und waren für uns daher im Rahmen dieser Studie nicht erfassbar”, erklärt Simona Hübl, CEO von Nejo. „KI wird den Arbeitsmarkt nachhaltig verändern. Umso wichtiger ist es, genau zu wissen, was und in welchem Tempo sich hier verändert”, so Hübl, die mit ihrem Team bereits an einer eigenen KI-Skill-Taxonomie für zukünftige Forschungsprojekte arbeitet.
Über den Skill Radar 2025
Der „Skill Radar 2025“ basiert auf einer Analyse von 225.000 Kompetenzen aus über 21.000 Stellenanzeigen, die am 31. Juli 2025 in Österreich ausgeschrieben waren. Die für die Analyse eingesetzte KI-Technologie wurde in Zusammenarbeit mit der FH Technikum Wien entwickelt – die Ergebnisse sind auf https://mynejo.com/analytics abrufbar.
Über Nejo
Nejo ist ein Technologieunternehmen, das sich auf die Analyse von Arbeitsmarktdaten spezialisiert hat. Unter dem Motto „Heute den Arbeitsmarkt von morgen verstehen” entwickelt Nejo innovative Lösungen, die Echtzeit-Einblicke in Arbeitsmarkttrends ermöglichen und Unternehmen, Arbeitnehmer*innen sowie politischen Entscheidungsträger*innen fundierte Daten für zukunftssichere Entscheidungen liefern.
Über die FH Technikum Wien
Die FH Technikum Wien ist Österreichs Fachhochschule für Technik und Digitalisierung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 hat sie rund 18.000 Absolvent*innen hervorgebracht. Aktuell werden mehr als 4.700 Studierende, davon mehr als 1.000 Frauen, in mehr als 30 Bachelor- und Master-Studiengängen zu Spitzenkräften für die Wirtschaft ausgebildet. Die Studiengänge werden in Tagesform oder Abendform angeboten. Das Studienangebot ist wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig praxisnah. Neben einer qualitativ hochwertigen technischen Ausbildung wird auch großer Wert auf wirtschaftliche und persönlichkeitsbildende Fächer gelegt. Sehr gute Kontakte zu und Kooperationen mit Wirtschaft und Industrie eröffnen den Studierenden bzw. Absolvent*innen beste Karrierechancen. Sowohl in der Lehre als auch in der Forschung steht die Verzahnung von Theorie und Praxis an oberster Stelle.
Weiterführende Informationen:
nejo und FH Technikum Wien: Partnerschaft zur Förderung innovativer Jobvermittlung
Diese Fähigkeiten zählen am Jobmarkt am meisten (Krone – 16.09.2025)
Stellenanzeigen: Kundenorientierung als wichtigste Kompetenz (Salzburger Nachrichten – 16.09.2025)